Die Versorgung der Flugzeuge mit Kerosin erfolgt am Flughafen Zürich zum grössten Teil über eine Unterflurbetankungsanlage. Vom Tanklager in Rümlang, das auf dem Schienenweg beliefert wird, führen unterirdische Pipelines zu den Docks.
ege. Viele Fluggesellschaften locken mit ihrem kulinarischen Angebot und mit der Sorgfalt, die sie auf die Auswahl der Weine an Bord verwenden. Offenbar legen manche Fluggäste Wert auf einen edlen Tropfen. Der Saft aber, der das Flugzeug in die Lüfte bringt, steht kaum im Bewusstsein der Passagiere. Ein schlechter Wein mag zu Kopfschmerzen führen. Unreines Flugpetrol aber kann einen den Kopf kosten.
Lager für mehrere Gesellschaften
Für sicheres Fliegen sind konsequente Kontrollen des Treibstoffs unabdingbar. Die Qualitätsstandards legen die Mineralölgesellschaften fest. Die Industrie hat mit der Joint Inspection Group (JIG) ein Organ zur Selbstkontrolle geschaffen. «Die Vorschriften der JIG sind für uns die Bibel», sagt Mike Jones, Geschäftsführer der Unterflurbetankungsanlage Flughafen Zürich (UBAG). Die JIG führt regelmässig Inspektionen durch, in der Tankanlage in Rümlang zweimal pro Jahr. Gegründet wurde die UBAG vor rund 30 Jahren durch Mineralölgesellschaften, um gemeinsam ein Lager für die Versorgung und Betankung der Flugzeuge mit Flugpetrol (Spezifikation Jet A-1) zu betreiben. Nach mehreren Firmenzusammenschlüssen in der Branche sind heute Agip, BP, Esso, Shell und AirTotal am Joint Venture beteiligt. Die Swiss, Hauptabnehmer von Treibstoff in Zürich, gehört zum engeren Kreis der Partner, ist als partieller Selbstversorger aber nicht Aktionär. Die Tankanlage ist eine zentrale Infrastruktur; die UBAG verwaltet den Treibstoff treuhänderisch.
Auf dem zehn Hektaren grossen Areal in Rümlang stehen 25 riesige Tanks, der grösste fasst 27 Millionen Liter. 14 der mächtigen Zylinder sind für Kerosin bestimmt, die anderen enthalten Benzin, Diesel und Heizöl. Um eine Vermischung der Produkte zu verhindern, sind die Tanks baulich getrennt. Die Brennstoffe stammen aus der Raffinerie in Cressier sowie aus verschiedenen Raffinerien in Europa. Sie werden via Basel oder Karlsruhe angeliefert und treffen in Blockzügen zu durchschnittlich 20 Kesselwagen im Kopfbahnhof der Tankanlage ein. Vier Gleise stehen zur Verfügung. «Pro Tag können wir neun Züge entladen, sechs davon mit Kerosin», erläutert Jones seinen Besuchern. Diese müssen vor dem Rundgang alles, was Funken verursachen könnte, aus ihren Taschen entfernen. Ein Zug mit 22 Wagen - 1,5 Millionen Liter Flugpetrol - wird in eineinhalb Stunden gelöscht. Doch vorher gilt es, die Ware genau unter die Lupe zu nehmen.
Ständige Kontrollen
Die Kesselwagen sind plombiert und eindeutig beschriftet. Auch wenn die Plombe intakt ist, wird vor dem Entladen eine Qualitätskontrolle auf Reinheit, Dichte, Wassergehalt und Leitfähigkeit des Jet A-1 vorgenommen. Entspricht die Qualität nicht den Standards, wird nicht entladen. Die Stutzen an den Kesselwagen und auf der Rampe sind mit produktspezifischen Kupplungen versehen. Dadurch wird das Einspeisen in einen falschen Lagertank ausgeschlossen.
Ist ein Lagertank gefüllt, wird sein Inhalt einer Analyse unterzogen. Ein externes Labor prüft eine Probe auf 30 verschiedene Werte. Die wichtigsten sind der Gefrier- und der Flammpunkt, die Verdampfungskurve sowie die elektrische Leitfähigkeit. Erst nach erfolgreichem Abschluss der Überprüfungen wird ein Tank für die Einspeisung des Jet A-1 ins Leitungssystem zum Flughafen freigegeben. Die Kontrollen des heiklen Guts werden auf dem Weg bis zum Flugzeug fortgeführt (siehe Kasten).
Die Flugzeugstandplätze der Docks A, B und E sind an das Leitungs- und Hydrantensystem der UBAG angeschlossen. Über die Dispenser an den Standplätzen können pro Minute 3500 Liter Treibstoff ins Flugzeug gepumpt werden. Grossraumjets haben Tankvolumen von über 100 000 Litern; effizientes Betanken ist für die Airlines wegen der angestrebten, möglichst kurzen Standzeiten besonders wichtig. Flugzeuge, die nicht an den Docks stehen - zumeist kleinere Maschinen -, werden mit Camions betankt. Diese von Drittfirmen betriebenen Fahrzeuge fassen das Flugpetrol an der zentralen Zapfstelle der UBAG.
0,0 Promille für Mitarbeiter
«Zentral in unserem Geschäft ist, stets nachweisen zu können, wer was gemacht hat», hält Jones fest. So unterschreibt jeder Kontrolleur, der eine Überprüfung vorgenommen hat, die entsprechenden Dokumente persönlich. Die 20 Mitarbeiter der UBAG sind verpflichtet, ihre Arbeit mit 0,0 Promille Alkohol im Blut anzutreten. Ein Verstoss bedeutet die sofortige Entlassung. Die Qualitätskontrollen der Lagertanks werden archiviert; registriert wird auch, welches Flugzeug aus welchem Tank bedient wurde. Ereignet sich ein Unfall, entnimmt die UBAG sofort ein sogenanntes Rückstellmuster, um den Beweis zu liefern, dass der Treibstoff fehlerfrei war.
In Übereinstimmung mit europäischem Recht sieht der heutige Vertrag der UBAG mit der Flughafenbetreiberin Unique den Zugang von Mitbewerbern zur Lager- und Betankungsinfrastruktur vor. Neue Zulieferer müssen sich allerdings über das erforderliche Know-how im Umgang mit Jet A-l ausweisen können und strenge Anforderungen erfüllen, um den Zugang zur «letzten Meile» zu erhalten. Verlangt wird auch eine genügend hohe Risikoversicherung. Unique werde sich neue Partner sorgfältig auswählen müssen, merkt Mike Jones an, denn verantwortlich gegenüber den Airlines sei die Flughafengesellschaft.
Die UBAG verdient ihr Geld mit der Durchsatzgebühr, die pro Kubikmeter Flugpetrol erhoben wird. Wirtschaftlich interessant sind die Langstreckenflüge. Der hohe Kerosinpreis tangiere das Unternehmen bisher nicht, bemerkt Jones, doch zu spüren bekomme man, dass moderne Flugzeuge weniger durstig seien. Eine Herausforderung sei die Dynamik der Zivilluftfahrt. «Wir operieren in einem volatilen Markt, den wir als Dienstleister nicht beeinflussen können», stellt der Geschäftsführer der UBAG fest. «Wenn die Airlines den Flughafen Zürich links liegen lassen, haben auch wir ein Problem.»